Die klassische Hebammenausbildung lief im September letzten Jahres aus – der Hebammenberuf wird vollständig akademisiert. „In den ersten Monaten unseres Studiums stand erst einmal die Theorie auf dem Stundenplan. Neben den ersten praktischen Übungen wurden auch medizinische, psychologische und ethische Themen beleuchtet. Nun freuen wir uns das Gelernte auch umsetzen zu dürfen“, so die Studentinnen. Für die beiden war zunächst gar nicht klar, was sie einmal beruflich machen möchten. „Während der Schwangerschaft meiner Schwester und meiner Freundin habe ich mich mit dem Thema Geburtshilfe immer mehr beschäftigt. Nach einem Praktikum stand für mich dann mein Berufswunsch fest“, erzählt die 22-jährige Raphaela Pöllmann. Für sie bleibt der erste Praxiseinsatz bestimmt in Erinnerung: „Ich durfte eine natürliche Zwillingsgeburt begleiten. Das war sehr faszinierend. Ich konnte mir bereits wichtige Handgriffe bei meinen Kolleginnen abgucken. Auch nach turbulenten Diensten nehmen sich die Praxisanleiterinnen Zeit, alles noch einmal genau zu erklären.“ Für Celine Paulsen ging es zunächst auf die Wochenbettstation. „Wir unterstützen bei der Grundpflege der Mutter und des Neugeborenen, kontrollieren die Vitalzeichen, mobilisieren die frischgebackenen Mütter oder geben Tipps für das Stillen. Hier dürfen wir schon sehr selbstständig arbeiten. Bald geht es für mich auch in den Kreißsaal“, erzählt die 21-jährige.
Die Studierenden erleben die gesamte Spannbreite von der natürlichen Geburt bis hin zur Hoch-Risikogeburt. Ideale Voraussetzungen für eine anspruchsvolle und vielseitige Praxisphase im Hebammenstudium. „In der St. Louise-Geburtshilfe gibt es viele Zwillings- oder sogar Drillingsgeburten. In der St. Josefs-Geburtshilfe kommen die spannenden Wassergeburten hinzu. Das sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern im heutigen Klinikalltag Ausnahmen“, berichtet Michaela Bremsteller, Leiterin der früheren Hebammenschule, die nun als „Praxiszentrum angewandte Hebammenwissenschaft“ bezeichnet wird. Das Studium biete neue Perspektiven für Hebammen: Es ist auch in anderen europäischen Ländern voll anerkannt. „Die Studierenden tragen neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis und treiben diese weiter voran“, ist sich Bremsteller sicher. „Der Bedarf an Hebammen ist groß. Wir hoffen, dass viele Absolventinnen auch nach dem Studium in unserer Region bleiben und den Fachkräftemangel abfangen.“
Neuer Studiengang „Angewandte Hebammenwissenschaft“
26 der insgesamt 46 Studentinnen des Studiengangs „Angewandte Hebammenwissenschaft“ der FH Bielefeld werden von den St. Vincenz-Kliniken betreut. Der St. Vincenz-Campus für Gesundheitsfachberufe ist seit Start des Hebammen-Studiums „Praxiszentrum angewandte Hebammenwissenschaft“. Neben der Einschreibung am Hochschulstandort sind die Studierenden für den praktischen Teil des Studiums in den St. Vincenz-Kliniken angestellt. Doch nicht alle „Paderbornerinnen“ sind direkt dort tätig. Es gibt sieben weitere kooperierende Kliniken, ambulante Einrichtungen und freiberufliche Hebammen, die die Studierenden betreuen.