Eine Zeitreise in die Husener Straße: Der Ursprung der „Westfälischen Landesfrauenklinik“ liegt auf dem 1834 begründeten Paderborner Hebammen-Lehrinstitut, welches 1876 in die Trägerschaft des Provinzialverbandes Westfalen überging. In den 1920-er Jahren wurde hier eine Lehranstalt für die Ausbildung von Hebammen, eine Säuglingsklinik und eine gynäkologische Abteilung eingerichtet. Im Jahr 1953 übernahm der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Trägerschaft der Landesfrauenklinik. Nach langer Planungs- und Bauphase wurde der Neubau 1963 in der Husener Straße eingeweiht.
Der LWL und die Vincentinerinnen standen bereits seit 1979 wegen der zukünftigen Nutzung und Auslastung der Landesfrauenklinik in engem Kontakt. Nach intensiven Verhandlungen, Planungen und Besichtigungen übernahmen die Vincentinerinnen schließlich am 1. April 1983 die Trägerschaft und damit verbunden auch die traditionsreiche Paderborner Hebammenschule.
„Die Vincentinerinnen sahen die Übernahme als eine Chance, ihre lange Tradition in der Krankenpflege in Paderborn weiterzuführen. Die Frauenklinik wurde fortan dem St. Vincenz-Krankenhaus angeschlossen und so die Gynäkologie und Geburtshilfe in das breitgefächerte klinische Leistungsangebot integriert“, erklärt Schwester M. Katharina Mock, Generaloberin der Vincentinerinnen. Am Gründonnerstag 1983 feierten die Ordensschwestern mit den Mitarbeitenden in der Kapelle der Frauenklinik einen Gottesdienst. Die damalige Generaloberin Sr. M. Odilgard von der Hagen richtete sich an die Mitarbeitenden: „Für Sie ist etwas Neues angebrochen. Wir wollen fortan gemeinsam dem kranken Menschen dienen und das junge Leben hüten und pflegen. Niemand von uns vermag es alleine, den Patientinnen und Patienten eine umfassende Hilfe zu schenken. Jedes Glied in unserer Dienstgemeinschaft ist angesprochen und herausgefordert.“ Diese Worte klingen heute noch nach. Viele sind der Klinik seit 1983 treu geblieben. Gemeinsam erinnerten sie sich zurück, an die unzähligen Anekdoten und Umbauten, die im Laufe der Jahre entstanden. „Damals waren auch etwa 20 Ordensschwestern mit auf den Stationen tätig. Viele versprühten einen ganz besonderen Spirit. Schön, dass auch heute noch Sr. M. Juliane und Sr. M. Daniele im Haus sind“, sind sich die Kolleginnen einig. „Es gab ein großes Zimmer für die Säuglinge. Alle vier Stunden konnten die Mütter ihre Kinder besuchen – das ist heute schwer vorstellbar. Auch konnte man sich oft aussuchen, auf welcher Station man arbeiten möchte. Es war damals noch familiärer als heute – jeder kannte jeden.“ Auch habe sich die Arbeit in der Krankenpflege sehr verändert. Schwerpunkte und Spezialisierungen gab es damals kaum. Heute kann die Klinik auf viele verschiedene Expertisen wie beispielsweise Breast Care Nurses, Wundexpertinnen und Stillberaterinnen zählen. In den letzten Jahrzehnten haben sich zertifizierte Zentren und Spezialisierungen längst etabliert: das Brustkrebszentrum und das Gynäkologische Krebszentrum, ein Endometriosezentrum, ein Diabeteszentrum für Kinder- und Jugendliche, ein Sozialpädiatrisches Zentrum und ein Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe. „Viele wissen es gar nicht, aber die Frauenklinik St. Louise gehört zusammen mit dem Standort St. Josefs in Salzkotten zu einer der größten Frauenkliniken in ganz Deutschland“, so Prof. Dr. Michael Patrick Lux, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. „Es freut mich besonders, dass mit dem spezialisierten und motivierten Team nahezu das gesamte Spektrum der Frauenheilkunde abgedeckt wurde und auch weiterhin wird. Die stetigen Fortschritte in der Medizin wurden hier sofort in die klinische Versorgung umgesetzt. Dazu gehören in den letzten 40 Jahren u.a. die minimal-invasiven Operationen, die Etablierung der brusterhaltenden Therapie bei Brustkrebs oder auch die Optimierung der Diagnostik und Therapie der Endometriose.“ In Bezug auf die Zukunft wünscht sich Prof. Lux, dass das Angebot an wissenschaftlichen Studien weiter ausgebaut werden kann, um die weltweit innovativsten Therapien hier in Paderborn anbieten zu können. „Wir träumen davon, dass unser Gebäude genauso modern ist, wie unsere Diagnostik und Therapie.“
Sechs Jahre später, am 18. Juli 1989, zog schließlich auch die Kinderklinik vom Busdorf in die Husener Straße. Die Mitarbeitenden, die damals mit dabei waren, erinnern sich noch gut an die Aufbruchsstimmung und die unzähligen Umzugskartons, die getragen werden mussten.
Jahrzehntelanger Investitionsstau
Jährlich betreuen die Teams ca. 600 Frauen mit der Erstdiagnose einer Krebserkrankung, 5.000 kranke Babys, Kinder und Jugendliche, 300 Frühgeborene, 10.000 Kinder und Jugendliche in den Ambulanzen und mehr als 2.500 Neugeborene erblicken hier das Licht der Welt. Erweiterungsbauten waren in den letzten Jahrzehnten kaum möglich – ein riesiger Investitionsstau hat sich angehäuft. „Um die Klinik zukunftsfähig zu machen, sind zwingend größere Baumaßnahmen erforderlich. Eine echte Mammutaufgabe. Die finanzielle Situation der Krankenhäuser macht uns jedoch handlungsunfähig“, so Dr. Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St. Vincenz-Kliniken. Die Idee, die Frauen- und Kinderklinik komplett neu zu bauen, wurde auch Anfang der 80-er Jahre schon gedacht. Das Gelände neben der Universität an der Warburger Straße war damals noch weitestgehend landwirtschaftliche Nutzfläche. Doch auch damals die Crux: Eine Bewilligung gab es nur für Umbauten, nicht für einen Neubau.
Die Vincentinerinnen in der Frauenklinik Ende der 80er Jahre. Unten rechts hockend ist Schwester M. Juliane Möser zu sehen, die noch heute in der Klinik tätig ist. Bis 2014 war sie als Krankenschwester in der Gynäkologie tätig, nun ist sie Seelsorgerin.
Viele Mitarbeiterinnen sind der Frauen- und Kinderklinik seit 40 Jahren treu.
Ein Zeitungsauschnitt von 1983: Der Examenskurs der Kinderkrankenpflege richtet bis heute regelmäßige Treffen aus.