Ein Insolvenzverfahren hat gesetzlich geregelte Schritte, die für betroffene Unternehmen zu durchlaufen sind. Dazu gehört auch ein Bieterverfahren, in dem mögliche Investoren oder (Mit-)Träger Angebote zur Übernahme des Krankenhauses bzw. für eine gemeinsame Trägerschaft vorlegen, um das Eigenkapital des insolventen Unternehmens zu steigern und die Gläubiger bestmöglich befriedigen zu können.
Dieser Prozess ist mit hohem Tempo nun auch in den St. Vincenz-Kliniken gestartet. Gesteuert wird er durch eine externe Beratungsgesellschaft in Abstimmung mit dem Unternehmen, dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss. Klar ist inzwischen: Alleine können die Barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenz von Paul zu Paderborn das Krankenhaus finanziell nicht zukunftssicher aufstellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen weiteren Träger geben wird – oder dass ein anderer Träger das Krankenhaus übernehmen wird, ist daher hoch. „Für uns Schwestern war diese Einsicht ein sehr schwerer Schritt“, gibt Sr. M. Katharina Mock, Generaloberin der Vincentinerinnen und Trägerin des Krankenhauses, ehrlich zu. „Die Barmherzigen Schwestern waren in der Vergangenheit immer alleiniger Gesellschafter der St. Vincenz-Krankenhaus GmbH. Für uns als Gemeinschaft bedeutet die Insolvenz nun, dass es Szenarien gibt, die dazu führen könnten, dass wir uns aus der Trägerschaft der St. Vincenz-Kliniken teilweise oder ganz verabschieden müssen.“ Wunsch der Schwestern wäre eine regionale, katholische Verbundlösung.
„In einem Insolvenzverfahren ist eine größtmögliche Gläubigerbefriedigung ein sehr wichtiges Ziel“, erklärt Sachwalter Dr. Rainer Eckert. „Dem sind wir als Insolvenzverantwortliche verpflichtet.“ Zunächst einmal habe also derjenige die größten Chancen, die Trägerschaft der St. Vincenz-Kliniken zu übernehmen oder mit dem Krankenhaus zu fusionieren, der in dem Bieterverfahren das höchste Angebot vorlegt. „Gleichzeitig respektieren wir den Wunsch des jetzigen Trägers, der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenz von Paul, nach einem christlichen Partner, der das Haus im Sinne des hl. Vincenz von Paul weiterführt“, betonen die Generalbevollmächtigten, Dr. Christoph Niering und André Dobiey. Ob sich dies am Ende dann realisieren ließe, könne man zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht abschließend bewerten.
Erste Gespräche mit infrage kommenden Partnern wurden bereits geführt, auch mit regionalen, christlichen Trägern. „Wir prüfen derzeit unsere Möglichkeiten. Sobald es konkrete Entscheidungen gibt, werden wir darüber zuerst unsere Mitarbeitenden und dann die Öffentlichkeit informieren“, erklärt Markus Funk, Geschäftsführer der St. Vincenz-Kliniken.
Insolvenzverfahren wird eröffnet
Darüber hinaus wird voraussichtlich zum 1. Oktober das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet. „Damit starten wir in die nächste Phase des Verfahrens“, erklären die Generalbevollmächtigten. „Zum Beispiel die Themen Rechnungsstellung, Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle, und die Neugestaltung von Vertragsverhältnissen zählen zu den wesentlichen Punkten.“ Sobald die Frage nach der zukünftigen Trägerschaft geklärt ist gilt es dann, den Insolvenzplan zu erstellen, der das Verfahren zum Abschluss bringen soll.
Vertrauen der Patienten ungebrochen
„Ein großes Dankeschön möchten wir auch heute nochmal unseren Mitarbeitenden aussprechen, die uns in diesen unruhigen Zeiten so treu zur Seite stehen“, betont Geschäftsführerin Sr. Bernadette M. Putz. „Wir wissen, dass die jetzige Phase der Ungewissheit für jeden Einzelnen besonders schwierig ist. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Dienstgemeinschaft trotz allem so eng zusammensteht.“
Auch das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die St. Vincenz-Kliniken sei ungebrochen: „Wir konnten in den letzten Wochen unverändert hohe Patientenkontakte verzeichnen. Es hat sich bestätigt, was wir zu Beginn des Insolvenzverfahrens versprochen hatten: Die Patientenversorgung geht voll umfänglich weiter. Für dieses Vertrauen in unser Krankenhaus danken wir unseren Patienten, Zuweisern und Partnern ganz herzlich“, schließt Geschäftsführer Jürgen Thau.
Die Paderborner Vincentinerinnen in der Krankenhausversorgung
1841 waren die Barmherzigen Schwestern die ersten, die stationäre Krankenhausleistungen für die Stadt und das Hochstift Paderborn angeboten haben. Bereits 1823 hatte der damalige Bischof Ledebur die Idee im ehemaligen Kapuzinessenkloster in der Kisau ein Institut Barmherziger Schwestern anzusiedeln und das Landeshospital als stationäre Pflegeeinrichtung dorthin zu verlegen. Aus diesen kleinen Anfängen ist die St. Vincenz Krankenhaus GmbH mit zwei Standorten in Paderborn und einem Krankenhaus in Salzkotten mit insgesamt 800 Betten entstanden.